Wort zum Geleit

Wenn wir hineingehen in die Monate Februar und März, kann es sein, liebe Gemeindeglieder unseres Kirchspiels, dass wir uns schon mal nach den Tagen unseres Sommerurlaubs sehnen. Ich öffne dann für ein paar Minuten die Seite mit dem bereits gebuchten nächsten Fernziel, schaue mir die Bilder an und träume mich hinein in die entspannte warme Welt.

Eines der Ziele, das noch vor mir liegt, ist die antike Stätte von Ephesos, die ich vor allem auch aufgrund unseres biblischen Hintergrundes gern besuchen möchte. Vielleicht sind Sie schon dort gewesen und vielleicht haben Sie dort auch einen Sonnenuntergang erleben können (Das Titelfoto ist auf Rhodos aufgenommen).

Tatsächlich führen uns beide Monatssprüche diesmal zum Brief an die Epheser und das Wort für Februar verbindet sich sogar mit dem Sonnenuntergang, wenn es heißt: „Zürnt ihr, so sündigt nicht; lasst die Sonne nicht über eurem Zorn untergehen.“ Eph 4,26

Mit Zorn haben wir wohl alle unsere Erfahrungen gemacht – und wahrscheinlich sogar auf beiden Seiten: Mal sind wir selber zornig geworden, mal haben wir den Zorn eines anderen Menschen abbekommen. Daher wissen wir: Zorn kann eine ziemlich heftige Reaktion sein. Zorn kann schnell ungerecht werden. Zorn kann andere verletzen. Es soll sogar Menschen geben, die tragen eine Art Dauerzorn in sich, wie einen hei en Feuerball, der sich in ihrem Bauchraum eingenistet hat. Für sie könnte der Zorn die Grundsünde ihres Lebens sein. Oft reicht für sie der kleinste Anlass und sie brechen aus wie ein Vulkan. Dabei gibt es gerade für Menschen, die unsere Welt zum Guten gestalten wollen oder für Gerechtigkeitsfanatiker jede Menge Anlässe, aus der Haut zu fahren. Überraschenderweise bekommen wir es auch von Jesus so mitgeteilt, dass er erzürnen konnte. Jesus war also keineswegs immer nur der sanfte und gütige Hirte. In die Liebe Gottes, die er lebte, passt sogar der Zorn hinein. Ich denke an die eine Situation, in der sich die Gesetzeshüter darüber ereifern, dass Gott am Sabbat einen Menschen geheilt hat. An einer anderen Stelle, die uns wohlbekannt ist – nämlich als die Jünger die Mütter abweisen, die ihre Kinder zu Jesus bringen möchten – wird Jesus unwillig, ungehalten und ärgerlich; nur die Gute Nachricht und eine weitere Übersetzung verwenden hier das Wort „zornig“. Dennoch ist sowohl im Alten als auch im Neuen Testament immer wieder vom „Zorn Gottes“ die Rede. Dieser geht meist einher mit der Vorstellung eines letzten Gerichtes durch Gott. Demnach also gibt es sogar so etwas wie einen gerechten Zorn. Er gilt Menschen, die Gott betrügen und die Entfaltung seiner Liebe verhindern.

Wir sollen aber nicht so zornig werden, dass wir selbst sündigen. Das geschieht, wenn wir das rechte Maß verlieren und mit unserem Ton und unserer Ausdrucksweise aus der Liebe herausfallen. Der Geist der Kraft, der Liebe und der Besonnenheit ist das geeignetste Mittel gegen ungerechtfertigten Zorn oder gegen Zorn über kleinliche Kränkungen. Keiner sollte zulassen, dass Zorn zu persönlicher Abneigung, Bitterkeit oder Launenhaftigkeit führt. Vielleicht hilft uns dabei ein Sprichwort, dass ich neulich las:

Wer seinem Zorn Raum gibt, ist wie ein Mensch, der einen Skorpion dafür bestraft, dass er ihn gebissen hat, indem er ihn verschlingt.

Eine ähnliche Wirkung hat der Zorn wohl, wenn wir ihn in die Nacht und in den Schlaf mit hineinnehmen. Darum ist es hilfreich, den Zorn spätestens mit der Sonne auch untergehen zu lassen. Unser Glaube bietet da ein wirksames Mittel an: das Gebet um Besonnenheit. Es kann mich der Liebe Gottes vergewissern und mir daraus Gelassenheit und Großmut schenken.

 

 

Es grüßt Sie herzlich
Ihr Pfarrer Steffen Brock